Die deutsche Kreditwirtschaft setzt sich aktiv für eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts ein. Was ist der Mehrwert? Hülbert: Verbriefungen sind ein wichtiges Instrument für Banken und Wirtschaftsunternehmen zur Finanzierung von Investitionen, Kreditportfolios sowie Arbeitskapital. Sie dienen somit der Kapital- und Liquiditätssteuerung. Durch Verbriefungen können Risiken im Wirtschaftssystem je nach Risikopräferenz auf verschiedene Investoren in einem hoch regulierten Umfeld übertragen werden, wodurch ein positiver Beitrag zur Finanzmarktstabilität geleistet wird. Verbriefungen stellen damit ein wichtiges Bindeglied zwischen der bankbasierten Unternehmensfinanzierung und den Kapitalmärkten dar. Und mehr noch: Mithilfe von synthetischen Verbriefungen kann die Kreditvergabe an die Wirtschaft dadurch gesteigert werden, dass Ausfallrisiken teilweise an Nichtbanken übertragen werden und Banken ihre Eigenkapitalanforderungen bei steigendem Kreditvolumen erfüllen können. Welchen Beitrag leisten Verbriefungen für die digitale und nachhaltige Transformation? Hülbert: Die Innovationskraft, Handlungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsunternehmen werden gestärkt, wenn diese über Verbriefungen leichter Zugang zum Kapitalmarkt und zu benötigter Liquidität bekommen. Banken können wiederum über das frei werdende Kapital dazu beitragen, den zukünftigen Bedarf aus der Transformationsfinanzierung zu bedienen. Diese Funktionsweisen machen Verbriefungen zu einem wichtigen Baustein für die Finanzierung der grünen und digitalen Transformation. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben der bankbasierten Unternehmensfinanzierung vor allem Eigenkapitalinstrumente einen wesentlichen Beitrag leisten müssen. Die Praxis zeigt, dass für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, wie beispielsweise des zügigen Ausbaus von Solarpanelen oder Wärmepumpen für die private Wohnwirtschaft, die Verbindung von Eigenkapitalinstrumenten und Fremdkapitalinstrumenten inklusive Verbriefungen für das Wachstum und die Skalierung Hand in Hand gehen und verfügbar sein müssen. In Deutschland braucht es für effiziente Transformationen oftmals gezielte Anreize und politische Unterstützung. Welche Bedeutung haben Förderprogramme und der Kapitalmarkt in diesem Kontext? Hülbert: Die öffentlichen Banken mit den Förderinstituten des Bundes und der Länder sind bei der Transformationsfinanzierung ein entscheidender Faktor. Dies gilt auch für die Landesbanken und weitere öffentliche Institute, die mit ihrem speziellen Finanzierungswissen und ihrer Kapitalmarkterfahrung in der Lage sind, externe Investoren in die Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur einzubinden. Förderprogramme können marktkonform und zielgerichtet auf die zu fördernden Wirtschaftsaktivitäten ausgerichtet werden, unabhängig von der Frage der Refinanzierung durch Verbriefungen oder andere Instrumente. Allerdings ist eine europaweite und mit Staatsgarantien gedeckte Förderung von Verbriefungen nach amerikanischem Vorbild abzulehnen. Vielmehr können Verbriefungen als Brückeninstrument zwischen der Kreditfinanzierung vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen und dem Kapitalmarkt neue Finanzierungsquellen für die Energiewende und die Erneuerung öffentlicher Infrastrukturen erschließen. Eine Revitalisierung des Verbriefungsmarkts ist absolut vordringlich und auch die öffentlichen Institute haben hier sehr viel Kompetenz und langjährige Erfahrung. Erfolgreich können wir nur im Verbund sein. Jan-Peter Hülbert Der Experte für Asset-Based Finance verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Bank- und Kapitalmarktgeschäft, u.a. bei der WestLB sowie der Raiffeisen Bank International AG. Hülbert verantwortete Transaktionen für Banken, Unternehmen und Leasinggesellschaften in den Segmenten öffentliche ABS, private Verbriefungen und ABCP. „Eine Revitalisierung des Verbriefungsmarkts ist überfällig“ Interview mit Jan-Peter Hülbert, Geschäftsführer der True Sale International GmbH 43 VÖB-Service
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